Ciao MongOlei

Wir erwachen in einem eisig kalten, goldenen Sonnenaufgang. Auf dem verlassenen Dorfplatz trinken wir heißen Kaffee und fragen uns, was eine Verabredung für 7:00 Uhr morgens in der Mongolei bedeutet – eher 6:45 oder eher 11:00 Uhr? Gegen 7:30 Uhr winkt uns Tsegii Tsegii, die uns an diesem Tag mitnimmt, fröhlich aus ihrem Haus heraus – sie ist gerade aufgestanden.

Eine halbe Stunde später düsen wir in ihrem Auto durch die Steppe. Als wir erzählen, dass in Deutschland keine Kamele leben, starten Tsegii Tsegii und ihr Beifahrer eine Safari für uns. Sie halten nicht nur bei jedem Kamel an, damit wir Fotos machen, sondern auch bei jeder Kuh, bei jedem Schaf, bei jedem Pferd, bei jeder Ziege. Wir stehen kurz davor, den beiden eine Tripadvisor-Bewertung zu schreiben.

Milchtee & Schafsknödel

Schließlich halten sie auch an einem Ger (mongolische Jurte). Ein älterer Herr begrüßt sie freudig und lädt uns alle auf einen Keks und eine Schale Schwarztee in sein Heim ein. Drinnen ist alles sehr einfach gehalten – ein Bett, ein paar Hocker, ein Ofen, ein niedriger Tisch mit Thermoskanne und Schüsseln drauf und diverse Werkzeuge an den Wänden. Vor der Tür grasen Kaschmirziegen.

Nach einer kurzen Fotosession brettern wir über Sandstraßen bis zum nächsten Ort, wo uns das zweite Highlight erwartet: In einem kleinen Restaurant bestellen wir Milchtee und erstaunlich leckere Hammel-Dumplings. (Für eine Viertelstunde sind wir ausnahmsweise nicht vegetarisch.) Gemütlich sitzen wir auf Sofas in einer Ecke des Imbiss und lassen uns von den hereinkommenden Gästen anstarren.

Dabei fallen wir etwas vom Glauben ab. Seit Monaten trampen wir, um genau solche Einblicke zu bekommen, die uns gemeinsamer Tee im Ger und ein typisches Essen mit Einheimischen bescheren – und kriegen sie schließlich, als wir ausnahmsweise mal eine Art Taxi nutzen.

Tramppause

Mehrere Stunden und einen buddhistischen Skorpion-Tempel später haben wir es nach vier Tagen Irren durch die Wüste zurück in die Zivilisation geschafft. Und sehen zu, dass wir endlich nach China kommen.

Der schweigsame Tuckson nickt zu allem, was wir fragen oder sagen, und bringt uns in seinem kleinen blauen Laster bis zur nächsten Hauptstraße. Von dort aus hören wir mit einem jungen Paar Techno, während die beiden erfolgreich 85% unserer Gesprächsversuche ignorieren.

Jaraza ist anschließend ein kommunikativer Glücksgriff. Der Taxifahrer hat seinen Beifahrersitz zu einem Bett umgebaut, sodass wir mal wieder gestapelt mit ihm mitfahren. Selbst bei 140 km/h schafft er es, sich auf Russisch mit uns zu unterhalten. Er wirkt fast genauso gerührt wie wir, als wir ihm am Ende der Fahrt erklären, dass wir aus Deutschland bis hierhin getrampt sind und er aufgrund des Trampverbots in China unsere vorerst letzte Mitfahrgelegenheit war.

Zurück Richtung Sommer

Obwohl wir vor allem den Abenteuergehalt des Trampens vermissen werden, freuen wir uns auch über die Pause. Gespräche mit unseren Mitnehmern waren in der Mongolei sprachlich und kulturell bedingt schwierig; unsere Routen aufgrund der riesigen Distanzen oft sehr zeitintensiv. Wir freuen uns auf die chinesischen Zugfahrten, auf denen wir jederzeit lesen, planen oder schlafen können.

Unsere letzte Nacht in der Mongolei zelten wir auf einer unbeleuchteten Sandfläche mitten in der Stadt. Der nahegelegene Bahnhof verwöhnt uns mit lautstarken Tut-Konzerten, doch wir sind zu erschöpft, um davon wach zu bleiben. Frühmorgens kaufen wir uns Bustickets für die Grenzüberfahrt, frühstücken Rührei mit Käse, Sanddornsaft und Kaffee, und reisen dann aus dem mongolischen Herbst Richtung südasiatischem Sommer.


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